Fichte, Gemeine

Deutscher Name

Gemeine Fichte

Lateinischer Name

Picea abies (L.) Karsten

Namensbedeutung

Lateinisch pix, picis = Pech, Harz, abies = alter römischer Name für die Tanne (die Fichte wird auch Rottanne genannt).

Die Benennung Fichte, althochdt. fiutha, fiehta, mittelhochdt. viehte, kommt auffälligerweise nur im deutschen Sprachgebiet vor und fehlt in anderen germanischen Sprachen wie Englisch oder Friesisch. Den Grund dafür sieht man in der Annahme, dass es die Fichte im Mittelalter in jenen Gegenden noch nicht gab, weil sie von Natur aus in den Bergen beheimatet ist.

Baum/Strauch

Baum

Fremdländisch/einheimisch

Einheimisch

Laub-/Nadelholz

Nadelbaum

Blattform

Blätter nadelförmig, dicht schraubig stehend, steif, stechend zugespitzt, 1-3 cm lang, 1 mm breit, im Querschnitt 4-kantig, flach rhombisch bis fast quadratisch. Nadeln glänzend dunkelgrün, Spaltöffnungslinien allseitig verteilt.

Rinde

Rotbraune oder kupferfarbene Borke, die sich in dünnen Schuppen ablöst.

Blüte

Einhäusig, eingeschlechtlich

Während der Hauptblütezeit, meist in weiten Gebieten gleichzeitig, werden gewaltige Pollenmengen ausgeschüttet, der so genannte Schwefelregen (siehe auch Kiefer).

Frucht

Zapfen, braun, zylindrisch, 10 bis 16 cm lang, 3 bis 5 cm breit. Ein gutes Unterscheidungsmerkmal von Fichte und Tanne sind die Zapfen. Bei der Fichte hängen sie herunter und werden als ganzes abgeworfen, während bei der Weißtanne nur die einzelnen Zapfenschuppen abfallen und die Zapfenspindel am Baum stehenbleibt („am Boden findet man keine Tannenzapfen“).

Wuchsform

Immergrüne, hohe oder mittelhohe Bäume mit regelmäßig kegelförmiger Krone.

Höhe

30-50 m

Alter

200-600 Jahre

Standort

Auf frischen, lockeren, mittel- bis tiefgründigen, feuchten bis nassen, modrig-torfigen bis steinig-sandigen, basenreichen bis stark sauren Lehm- und Torfböden.

Holz verwendet zu…

Wird als Bau- und Tischlerholz sowie zur Zellstoff- und Papierherstellung verwendet. Als Grubenholz oder für die Herstellung von Musikinstrumenten, Stangenholz für Masten, Pfosten oder Leitern.

Sonstige Teile verwendet zu…

Die Rinde ist ein wichtiges Rohmaterial für die Gewinnung technisch genutzten Gerbstoffs. Das Harz ist ebenfalls ein wertvoller Rohstoff, z. B. für die Herstellung von Kitten und Vanillin in der Vergangenheit.

Honigtauspender durch Ausscheidungen phloemsaugender Schild- und Blattläuse, daraus entsteht Waldhonig.

Weihnachtsbaum

Fichtennadelsalz zum Baden, Maienspitzen (Fichtentriebe) direkt ins Badewasser

Wichtige Schädlinge

Durch einen Hallimasch (Armillariella mellea) und den Rotfäulepilz (Fomes annosus) ausgelöste Rotfäule.

Fichten-Gallenläuse (Sacchiphantes viridis) und Borkenkäfer (Scolytinae) gelten als häufigste tierische Schädlinge.

Kulturhistorische Infos

Die Fichte gehrt in Europa zu den wichtigsten Nadelbäumen. Als bestandbildende Baumart beherrscht sie einerseits Nadelwälder der borealen Zone Nord- und Osteuropas und prägt andererseits die hoch-montan-subalpine Stufe (Fichtenstufe) mittel-  und südeuropäischer Gebirge. Sie gehört in vielen Ländern zu den wichtigsten Wirtschaftsbaumarten und wird weit über ihr natürliches Areal hinaus angebaut. Die künstliche Begründung gleichaltriger, im Kahlschlag bewirtschafteter Nadelbaum-Reinbestände führte in den vergangenen beiden Jahrhunderten zur Ausdehnung instabiler Fichtenforste auf Laubwald- und Mischwald-Standorte. Dadurch wurde die Fichte selbst in ehemals fichtenarmen bis -freien Gebieten landschaftsprägend, so wie auch im Hirschwald, was auch den Naturhaushalt und die Lebensräume der natürlichen Lebensgemeinschaften und ihrer Arten veränderte. Missbilligt von den einen, gefeiert als erfolgreicher Brotbaum der Forstwirtschaft von den anderen, ist diese Baumart "zu einem Objekt geworden, an dem sich der Streit der Waldbauideologen entzündet“, hieß es noch vor wenigen Jahren. Die ersten Jahre des 21. Jh. haben aber diesen Streit wohl bereits zugunsten der Fichten-Kritiker entschieden.

Erste forstliche Anbauten erfolgten in Deutschland bereits im 15. Jh. (erste urkundlich belegte Saat um 1423 in Frankfurt).

„Der Baum [die Fichte] muss auf den ordnungsliebenden Menschen schon immer einen guten Eindruck gemacht haben: Mit gerader Stammachse und klarem Verzweigungsmuster unterscheidet sich die Fichte schon von frühester Jungend von den bengelhaften Eichen, Ulmen oder Linden. Mit dem sauberen Bild der Fichtenaufforstung lässt sich auch zeigen, dass sich die kahlen Flächen wieder bewalden lassen.“ (Christian Küchli, Schweizer Waldexperte).

Der im 19. Jh. aufgestellte Grundsatz der „Reinertragslehre“ beschreibt den Versuch, möglichst viel Geld aus dem Wald herauszuschlagen, mit den Bäumen als Anlage und dem Zuwachs als Rendite. Die Fichte liefert zweimal soviel Holzmasse wie die Buche und sogar den dreifachen Ertrag an begehrtem Möbelholz.

Als Anfang des 20. Jh. durch Windwurf im baden-württembergischen Breitental ein ganzer Fichtenbestand zerstört wurde, ließen die zuständigen Forstleute folgenden Spruch in eine steinerne Gedenktafel meißeln: „Willst du deinen Wald vernichten, so pflanze nichts als Fichten.“ Der knappe Kommentar des Umweltjournalisten Horst Stern dazu: „Steinmetzen und Journalisten neigen zu vereinfachender Kürze.“

In früheren Zeiten war das feste und haltbare Holz der langsam gewachsenen Bergfichten mit ihren schmalen Jahresringen für den Bau von Saiteninstrumenten begehrt. Berühmte Geigenbauer gingen früher mit einer Axt bewaffnet selbst in die Berge, um den geeigneten Baum zu finden. Ausgewählte Bäume wurden immer wieder mit der Axt beklopft und nach dem dabei entstandenen Geräusch abgehört. Die meisten klassischen Geigenbauschulen und Werkstätten haben sich also nicht zufällig am Alpenraum angesiedelt.

Eine Soleleitung von 32 km Länge aus Fichtenstämmen wurde 1617 von Bad Reichenhall nach Traunstein verlegt. Sie war bis 1956 in Betrieb.

Um 1785 nahm Fichte 1% des Waldbestandes in Deutschland ein, heute 42%.

Das höchste Alter einer Fichte wird für das Gebiet des Montblanc mit 1.200 Jahren angegeben. Die größte Höhe erreichte eine Fichte in einem Urwald in Montenegro mit 63 m.

Sagen und Mythen

Nach Plinius brachten die Römer als Trauerzeichen Fichtenzweige an Türen oder grün auf Scheiterhaufen an.

Schon zu Zeiten Hildegards von Bingen galt die Fichte als Sinnbild der Kraft.

In Grimms Märchen ist der düstere mit Fichten bestandene Wald der Ort, in dem das Rotkäppchen dem Wolf begegnet, und in der tiefen grünen Dämmerung der Fichtendickichte steht das Lebkuchenhaus der Hexe von Hänsel und Gretel. Unter dunklen Fichtenstämmen schnarchen auch die Riesen, die vom Tapferen Schneiderlein gereizt werden.

Bei Hochzeiten wird Fichtengrün als Türschmuck oder Girlande als Zeichen ewig oder lange währender Lebensgemeinschaft verwendet.

Naturschutzfachliches

Die Berücksichtigung der Fichte über Gebühr ist längst nicht mehr gerechtfertigt, denn die Nachteile dieses Nadelgehölzes für das Ökosystem Wald liegen seit Jahrzehnten auf der Hand. In reinen Fichtenbeständen versauert der Boden durch Anhäufung saurer Nadelstreu.

Klimaprognose

Sollte sich der Klimawandel wie vorhergesagt entwickeln, hat die Fichte auf den meisten Standorten kaum eine Chance, ohne Kalamitäten ihr übliches Erntealter von 100 Jahren zu erreichen.

Baum des Jahres

2017

Naturheilkunde

Das ätherische Öl wird zum Einreiben bei Atemwegserkrankungen verwendet, ist wirksam gegen Mikroorganismen und wirkt auswurffördernd. Besser verträglich als das reine Öl sind Inhalationen. Seine durchblutungsfördernde Wirkung macht man sich bei Muskelverspannungen und Rheuma zunutze.

Aus den Nadeln und jungen Trieben kann ein Sirup hergestellt werden, der bei genannten Krankheiten angewandt werden kann. Allerdings kann es bei Keuchhusten und Asthma zu Krämpfen kommen.

Aus dem Absud der Nadeln ergibt sich ein belebendes und nervenstärkendes Bad.

Früher wurde Fichtenharz unter dem Namen Pix burgundica als Arznei in den Apotheken verkauft. Nach Pfarrer Kneipp wirkt das frisch ausgeschwitzte Harz von der Größe einer Erbse, unzerkaut geschluckt, anregend und kräftigend.

Verwendung in der Küche

Die jungen Triebspitzen der Fichte nutzt man als säuerliches Gewürz oder als Erfrischung beim Wandern. Man erntet sie am besten von April bis Mai, solange der Trieb innen noch weich ist. Man kann sie als Tee aufgießen, mit ihnen Spirituosen herstellen und allerlei Speisen wie Salate, Kräuterdips und Gemüsegerichte würzen. Auch zu süßem Sirup oder gemischt mit Früchten zum Aufstrich lassen sie sich verwerten, indem man sie auskocht, püriert und mit Zucker einkocht.

Aus den kleinen noch weichen weiblichen Zapfen kann man eine interessante Nascherei herstellen, indem man sie in der Pfanne etwas anröstet und nach Geschmack mit etwas Zucker serviert.

Von April bis Mai können die jungen männlichen Blütenknospen als Gewürz zum Beispiel für Kraut- und Bratgerichte verwendet werden.

Aus den kleinen geflügelten Samen kann man im Herbst ein Öl pressen oder sie einfach so naschen, ohne Flügel.

Von Juli bis August verwendet man die ausgereiften Nadeln frisch oder getrocknet als Gewürz.

Naturparkspezifisch

Heute Waldbild im Hirschwald durch Fichte charakterisiert